Folgender Bericht wurde mir freundlicherweise von
Frau Hildegard Ried
zur Veröffentlichung
zur Verfügung gestellt: (09.02.2011)
Karl Kronenwett aus Langensteinbach
Geboren in Langensteinbach - gestorben im KZ
Dachau
Am 23. März 1880 wurde Karl Kronenwett geboren,
gestorben ist er am 30. Januar 1945 im KZ Dachau. Eine kleine Notiz im
Internet, die erschreckt und die Frage aufwirft, weshalb ein 64-jähriger
Mann, ein so alter Mann 1944 im Juli ins KZ Dachau eingeliefert wurde. Es
gibt nur wenige Dokumente zu seiner Person. Doch diese wenigen
Aufzeichnungen sprechen Bände.
Karl Kronenwett war das achte Kind der Eheleute
Johann Philipp Cronenwett und der Magdalene geborene Höger. Kurz nach der
Geburt Karls stirbt Magdalene am 4. April 1880 im Alter von 32 Jahren. Ob
an Kindbettfieber oder vielleicht auch nur an Ausmergelung durch die
vielen Geburten, kann nur vermutet werden. Sie hinterließ sieben
unmündige, zum Teil noch kleine Kinder. Ein Kind starb im Alter von einem
Jahr. Was mit dem Vater geschah, geht nicht eindeutig aus den
Kirchenbüchern hervor. Dort ist nur der kleine Eintrag zu finden, dass er
sich auch anderenorts aufgehalten hatte. Ein Sterbedatum fehlt. Er wird
zwar als Auswanderer in der Langensteinbacher Liste geführt, doch er hat
1869 nur den Antrag dazu gestellt. Seine Heirat 1870 hatte wohl seine
Auswanderungspläne durchkreuzt. Als Beruf wird Weber angegeben, er hat
jedoch das Maurerhandwerk erlernt, wie aus der Auflistung hervorgeht.
Als Weber hat er dann sehr wahrscheinlich in der
Weberei drunten im Albtal gearbeitet. Das hieß von Montag bis Samstag in
aller Frühe zu Fuß zum Arbeitsplatz, bis 12 Stunden an der Maschine jochen
und dann wieder zu Fuß zurück nach Langensteinbach. Da blieb wohl kaum
noch Zeit für die Kinder und wahrscheinlich wenig Geld für ihren
Lebensunterhalt. Die Weber wurden bekannterweise nicht gut entlohnt.
Wie Karl in diesen Verhältnissen aufwuchs, kann nur
erahnt werden. Wie damals üblich, musste er sicher schon im Kindesalter
als Knechtle bei Bauern arbeiten und sich sein täglich Brot verdienen.
Schulbesuch war Pflicht. Ob dabei auch noch Lernen möglich war, dürfte
sehr fraglich sein. Die nötige Vorbereitung fürs Leben fehlte ihm also und
eben auch die nötige Liebe für seine Entwicklung.
Außerdem war es allgemein einfach üblich, dass
Kinder vor allem arme Kinder durch Schläge, durch körperliche aber auch
seelische Misshandlungen “erzogen” wurden. Einfach chancenlos muss die
Kindheit Karls gewesen sein, der sich dann als Erwachsener im Leben nicht
mehr zurechtfand. Der Alkohol war später sein Begleiter. Neben kurzen
Inhaftierungen fand er immer mal wieder privat aber auch im
Obdachlosenheim in Backnang Unterkunft. 1944 wurde er dann ins KZ Dachau
“entsorgt”. Wie er dort zu Tode kam ist nicht bekannt. Es dürfte jedoch
durchaus möglich sein, dass ein Mann in seinem Alter diese Hölle einfach
nicht überlebte.
Hildegard Ried
Weiter Quellen:
In der Datei von
www.ancestry.de ist
ein Karl Kronenwett (*23.03.1880 in
Langensteinbach) zu finden, der
am 30. Januar 1945 im Konzentrationslager Dachau starb und dem Naziregime zum
Opfer fiel. Am 4. Juli 1944 erfolgte die Aufnahme in das
Konzentrationslager Dachau mit der Gefangenennummer 76390. Als
bisheriger Wohnort ist Backnang, Kr. Stuttgart angegeben.
Quelle Fotos:
- Wachturm im KZ Dachau
- Gedenkstein Dachau
http://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Dachau
Ergebnisse meiner Ahnenforschung zu dieser
Familie Kronenwett
Vater: Philipp Jacob Kronenwett,
geb. am 02.01.1846 in Langensteinbach, gestorben ?? (gestorben
vermutlich nicht in Langensteinbach, da in den Büchern nicht
verzeichnet)
Mutter: Magdalena Höger, geb. 11.03.1848 Langensteinbach,
gestorben 04.04.1880 in Langensteinbach
Hochzeit: 01.03.1870 in Langensteinbach
Philipp Jacob Kronenwett ist in der Auswandererkartei
Baden-Württemberg verzeichnet. Er beantragte 1869 die Auswanderung nach
Nordamerika, ist jedoch nicht ausgewandert.
Kinder:
- Magdalena * 06.07.1870
- Jakob * 10.03.1872 (starb mit 21 Jahren)
- Juliane * 10.07.1873
- Karoline * 31.01.1875
- Philippina * 28.06.1876
- Christina * 15.10.1877
- Gottlieb * 16.09.1878 (heiratete in Neureut eine geb. Pfalzgraf; hatte
8 Kinder)
- Karl * 23.03.1880 (ledig, keine Kinder, starb am 30.01.1945 im KZ Dachau)
Für Karl Kronenwett wurde [oder
wird] in Backnang ein Stolperstein verlegt.
geb. am 23. März 1880 in Langensteinbach
bei Durlach/Baden als achtes Kind des Webers Johann Philipp Kronenwett und
seiner Frau Magdalena geb. Höger
– kurz nach seiner Geburt stirbt die
Mutter am 4. April 1880 im Alter von 32 Jahren – vermutlich sehr ärmliche
Verhältnisse (Vater oft auswärts) – eines der Geschwister stirbt als
Kleinkind, ein Bruder erhängt sich mit 21 Jahren, zwei Schwestern haben
jeweils ein lediges Kind
– 5. September 1923: Kronenwett kommt
erstmals nach Backnang (aus dem Landesgefängnis Hall)
– in den folgenden Jahren begibt er sich
auf „Wanderschaft“ (Beruf unklar), taucht aber immer wieder in Backnang
auf – sitzt 1925/26 ein halbes Jahr im Landesgefängnis Rottenburg
(kleinere Delikte: Diebstahl, Trunkenheit)
– seit 3. Dezember 1931 dauerhaft in
Backnang – in Arbeit bei Albert Kopp, Ungeheuerhof, Fritz Häuser und Karl
Robitschek – wohnt zumeist im Stadtspital/Armenhaus in der Stuttgarter
Straße – war offensichtlich Alkoholiker (nach Angaben von Werner
Robitschek hat er regelmäßig seinen Lohn versoffen)
– am 28. Mai 1944 kam er wieder ins
Gefängnis
– 4. Juli 1944: KZ Dachau
(Gefangenennummer 76390)
– 30. Januar 1945: Tod in Dachau (einer
von über 40.000 Toten). KZ Dachau wurde am 29./30. April 1945 befreit.
letzte Adresse: Armenhaus
(Stuttgarter Straße 46)
Gebäude steht nicht mehr!
(Text u. Recherche: Dr Bernhard Trefz)